(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)
(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
In dieser Vorschrift werden insgesamt vier verschiedene Rechte kodifiziert: Das Privatleben, das Familienleben, die Wohnung und die Korrespondenz. Gemeinsam ist diesen Rechten, dass es jeweils um den persönlichen Bereich, um die Privatsphäre geht.
Der Staat darf in diese Rechte selbst nicht (bzw. nur unter den Voraussetzungen des zweiten Absatzes) eingreifen. Darüber hinaus muss er dem Bürger aber auch die Möglichkeit geben, sich gegen Übergriffe anderer Personen zur Wehr zu setzen, insbesondere durch geeignete zivilrechtliche Abwehrverfahren, ggf. auch durch Strafverfolgung.
Inhalt
Privat- und Familienleben
Das Privatleben ist der Bereich, in dem der Mensch seine Persönlichkeit nach seinen Vorstellungen auslebt. Hierzu gehört in jedem Falle die Beziehung zu anderen Menschen, die eigene Identität, die Sexualität, die körperliche Integrität und die psychische Gesundheit. Auch der Beruf gehört – obwohl das im allgemeinen Sprachgebrauch oft als Gegensatz verstanden wird – zum Privatleben. Das Privatleben wird teilweise auch als Auffangrecht verstanden, das alle Aspekte der Privatsphäre umfasst, die nicht schon durch das Familienleben, die Wohnung und die Korrespondenz erfasst sind.
Das Familienleben ist die persönliche Beziehung zwischen miteinander verwandten oder verheirateten Personen. Ein Familienleben kann auch ohne unmittelbares Zusammenleben gegeben sein, sofern konstante und ernsthafte Bindungen vorliegen. Geschützt wird die Integrität der Familie, insbesondere gegen staatliche Einmischung und Trennung. Der Staat muss zudem wirksame Maßnahmen ergreifen, um Kindesentführungen (häufig auch durch ein Elternteil) zu verhindern.
Wohnung und Korrespondenz
Wohnung im Sinne der EMRK ist jeder Ort, an dem man sich über einen gewissen Zeitraum häufig aufhält. Hierunter können auch Zweitwohnungen, Ferienwohnungen und sogar Geschäftsräume fallen. Häufigster Eingriff ist insoweit die Wohnungsdurchsuchung, die aber zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung beim Verdacht einer Straftat meist zulässig sein dürfte.
Unter Korrespondenz wird jede Form des Nachrichtenaustauschs verstanden, seien es klassische Briefpost, ein Telephonanruf, E-Mails, Chatnachrichten usw. Ob es sich um private oder geschäftliche Kommunikation handelt, ist insoweit unerheblich.
Rechtfertigung von Eingriffen
Die Eingriffsmöglichkeiten sind zahlreich und umfassen vielerlei staatliche Interessen. Der Eingriff muss „gesetzlich festgelegt“ sein, was allerdings nach herrschender Meinung nicht zwingend ein Gesetz im formellen Sinne verlangt. Auch Verordnungen oder Gewohnheitsrecht können hier ausreichen.
Ausreichend ist aber nicht jede Eingriffsnorm, vielmehr muss diese auch angemessen und vorhersehbar sein. Diese muss also so ausreichend bestimmt sein, dass auch ein Laie zumindest im Groben abschätzen kann, wegen welchem Verhalten ihm eine Einschränkung seiner Rechte droht. Diese dürfen des weiteren nicht willkürlich angewandt werden.