Keine Strafe ohne Gesetz (Art. 7 EMRK)

(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)

(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen strafbar war.

Artikel 7 der EMRK sieht vor, dass ein Strafverfahren nur aufgrund eines Gesetzes durchgeführt werden darf.

Strafgesetze müssen Voraussetzungen erfüllen

Die Strafgesetze müssen schriftlich niedergelegt und allgemein verständlich sein.
Die Strafgesetze müssen schriftlich niedergelegt und allgemein verständlich sein.
Wichtig ist dabei, dass es nicht nur darum geht, dass zum Zeitpunkt des Urteils irgendein Gesetz vorliegt. Die Strafbarkeit muss bereits durch das Gesetz angeordnet worden sein, als die Tat begangen wurde. Nur auf diese Weise kann der Einzelne abschätzen, ob sein Handeln strafbar ist oder nicht. Es besteht also ein Rückwirkungsverbot zu Lasten des Bürgers, nicht aber zu seinen Gunsten.

Du diesem Grundsatz „nullum crimen sine lege“ gehört auch das Bestimmtheitsgebot. Das Gesetz darf nicht völlig konturlos sein, sondern es muss deutlich sagen, welches Verhalten strafbar ist und welches nicht. Zwar dürfen und müssen Gerichte auch die Strafgesetze auslegen, eine Grenze besteht aber bei analoger, ausdehnender Auslegung, um auch andere Sachverhalte zu erfassen.

Einschränkung bei Menschenrechtsverletzungen

Schwere Menschenrechtsverletzungen sind auch dann strafbar, wenn es im jeweiligen Staat kein Gesetz dagegen gibt.
Schwere Menschenrechtsverletzungen sind auch dann strafbar, wenn es im jeweiligen Staat kein Gesetz dagegen gibt.
Auch das Ordnungswidrigkeitenrecht ist als „kleines Strafrecht“ an Art. 7 EMRK zu messen. Inwieweit nichtstrafende Sanktionen hiervon erfasst sind, ist noch hochgradig strittig. Dies betrifft insbesondere die Sicherungsverwahrung sowie die Unterbringung in der Psychiatrie.

Absatz 2 bietet jedoch eine wichtige Ausnahme dazu: Demnach kann sich eine Strafbarkeit auch nach „den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ ergeben. Gemeint sind damit (schwere) Menschenrechtsverletzungen, die in einem Staat legal sein mögen, weil sie ja meist gerade von der Regierung ausgehen. In diesen Fällen soll es den Tätern nicht möglich sein, sich hinter der nationalen Rechtslage zu „verstecken“.

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