Recht auf Entschädigung bei Fehlurteilen (Art. 3 des siebten EMRK-Zusatzprotokolls)

(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)

Ist eine Person wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt und ist das Urteil später aufgehoben oder die Person begnadigt worden, weil eine neue oder eine neu bekannt gewordene Tatsache schlüssig beweist, dass ein Fehlurteil vorlag, so muss sie, wenn sie aufgrund eines solchen Urteils eine Strafe verbüßt hat, entsprechend dem Gesetz oder der Übung des betreffenden Staates entschädigt werden, sofern nicht nachgewiesen wird, dass das nicht rechtzeitige Bekanntwerden der betreffenden Tatsache ganz oder teilweise ihr zuzuschreiben ist.

(Von der Bundesrepublik Deutschland nicht ratifiziert.)

Auch bei Urteilen können Fehler passieren.
Auch bei Urteilen können Fehler passieren.
Das siebte EMRK-Zusatzprotokoll ergänzt in seinem dritten Artikel die Angeklagtenrechte aus Art. 6 EMRK. Der Staat muss Opfer einer falschen strafrechtlichen Verurteilung entschädigen.

Unschuldsbeweis notwendig

Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist, dass ein Fehlurteil nachgewiesen ist. Nachträgliche Zweifel, die dazu geführt haben, dass jemand „in dubio pro reo“ freigesprochen wird, reichen insoweit nicht. Auch reine Rechtsfehler sind kein Fehlurteil im Sinne der EMRK. Notwendig ist vielmehr das Auftauchen neuer Tatsachen, die im Prozess nicht bekannt waren. Diese müssen die Unschuld des Verurteilten nachweisen oder zusammen mit schon bekannten Tatsachen nachweisen helfen.

Keine Entschädigung kann beansprucht werden, wenn man selbst das Fehlurteil verschuldet hat. Das ist bspw. beim Unterlassen von Beweisanträgen der Fall, die sich nach Lage des Verfahrens aufgedrängt hätten.

Die Entschädigung für ein falsches Urteil geschieht in der Regel durch eine Geldzahlung.
Die Entschädigung für ein falsches Urteil geschieht in der Regel durch eine Geldzahlung.
Das Zusatzprotokoll regelt selbst aber nicht, wie diese Entschädigung aussehen muss und wie hoch sie sein muss. Vielmehr verweist die Vorschrift auf das Gesetz und das Gewohnheitsrecht des betreffenden Staates. Insoweit besteht also ein weites Ermessen des nationalen Gesetzgebers.

Schmerzensgeld für Freiheitsverlust

Grundsätzlich müssen aber sowohl materielle Schäden als auch immaterielle Nachteile ersetzt werden. Es gibt also ein Anrecht auf eine Art „Schmerzensgeld“ als Ausgleich für den Verlust der persönlichen Freiheit. Wer zu Unrecht im Gefängnis saß, soll zumindest finanziell entschädigt werden.

Die Entschädigung muss aber in jedem Falle ausreichend sein. Eine vollständige Wiedergutmachung für die Verurteilung Unschuldiger ist meist kaum möglich, der Staat muss sie aber zumindest anstreben.

Da die Bundesrepublik das Zusatzprotokoll nicht verabschiedet hat, müssen deutsche Opfer von Fehlurteilen nach dem inländischen Gesetzesrecht vorgehen. Hier sieht das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) Entschädigungsregelungen für solche Fälle vor.

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