(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, welche die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Körperschaften gewährleisten.
Artikel 3 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK sichert freie Wahlen als Menschenrecht zu. Es handelt sich dabei nicht nur um persönliche Rechte, sondern auch um allgemeine Staatsprinzipien. Die Vorschrift zwingt die Mitgliedsstaaten also zu einer demokratischen Verfassung.
Der Grundsatz dieses Artikel ist die Vergabe von Macht auf Zeit. Daher werden angemessene Abstände zwischen den Wahlen verlangt. Was in jeweiligen Fall angemessen ist, obliegt aber dem Ermessen des Gesetzgebers.
Grundlegende Wahlprinzipien
Die Wahlen müssen frei sein. Die setzt voraus, dass sich unterschiedliche Parteien und Kandidaten bewerben dürfen. Vernünftige Einschränkungen, um das Wahlangebot zumindest auf aussichtsreiche Bewerber einzugrenzen, sind aber zulässig. Dafür dürfen bspw. Unterstützungsunterschriften, Mitgliedszahlen oder die Hinterlegung einer Geldsumme als Kaution verlangt werden. Unzulässig ist auch eine staatliche Beeinflussung der Wähler.
Auch das Geheimnis der Wahl wird gesichert. Das bedeutet, dass niemand erfahren darf, für wen ein bestimmter Wähler gestimmt hat. Das Wahlgeheimnis gilt nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber anderen Personen. Ebenso kann der Wähler auch nicht auf das Wahlgeheimnis verzichten.
Eine durchgeführte Wahl darf auch nicht zu einer „Zementierung“ der politischen Verhältnisse führen. Die Wahlen müssen daher „in angemessenen Zeitabständen“ erneut durchgeführt werden, um einen möglicherweise geänderten Volkswillen abzubilden. Üblich sind Wahlperioden von vier bis sechs Jahren.
Innerhalb dieser Rahmenvoraussetzungen bleibt die genaue Ausgestaltung des Wahlrechts aber Sache des nationalen Gesetzgebers. Die EMRK verlangt kein bestimmtes Wahlsystem und keine bestimmte Form der Sitzzuteilung.
Geltung nur für Parlammente
Schließlich gelten diese Regelungen aber nur für die gesetzgebenden Körperschaften, also das Parlament. Nicht notwendig ist, dass die Regierung oder das Staatsoberhaupt durch das Volk gewählt werden. Ebenso steht die Vorschrift nicht der Existenz einer zweiten gesetzgebenden Kammer entgegen, die nicht unmittelbar gewählt wird (bspw. der Bundesrat in der Bundesrepublik).
In der Bundesrepublik misst sich das Wahlrecht in erster Linie an den Vorschriften des Art. 38 GG. Das Grundgesetz sieht ebenfalls eine freie und allgemeine Wahl vor, kennt daneben aber noch weitere Wahlrechtsgrundsätze.